Einladung zum Perspektivwechsel

Künstler und Fotograf Martin Rosner rückt Regensburger Zentralfriedhof ins Bild

Ein Jahr lang hat der Regensburger Fotograf und Künstler Martin Rosner den Evangelischen Zentralfriedhof im Rahmen eines Kunstprojekts beobachtet. Herausgekommen sind dabei außergewöhnliche Arbeiten mit dem Titel „Zwischen: Welten“.

Noch sind die Acrylglasplatten mit blauer Schutzfolie überzogen. Aber in wenigen Tagen stehen sie unverpackt im öffentlichen Raum des Evangelischen Zentralfriedhofs: Der Regensburger Fotograf und Künstler Martin Rosner hat sich auf Motivsuche an den speziellen Ort des Friedhofs begeben. Er, der Meister der Innen- und Außenansichten, führt die motivischen Elemente, die er sich ausgeguckt hat, in seinen fotografischen Bildern zusammen, auf eine fast surreale, künstlerische Weise.

Bei seiner Motivsuche geht Rosner ganz subjektiv vor: „Ich habe mich von meiner Sichtweise leiten lassen, was mir an dem Ort begegnet, habe versucht, Elemente zu nehmen, die eher übersehen werden, die einen neuen Denkanstoß bringen, einen neuen Sehansatz ergeben.“

Auf seinen Arbeiten sieht man kleine Ausschnitte von Wasserhähnen, von Durchblicken durch Grabmäler und Kreuze, die dort zu finden und die auch von christlicher Symbolik geprägt sind.

Künstler will keine Kopie der Realität

Aber Rosners analytischer Blick belässt es nicht bei der Dokumentation des Vorhandenen. Er will keine Abbilder, keine simple Kopie der Realität.

„Das wäre relativ beliebig und nichtssagend.“ Er will die poetische Durchdringung, die Verwandlung, den Perspektivwechsel, auch die Verfremdung der Wirklichkeit. „Fotografie hat das Problem, das Trauma, dass sie mit ihrer eigenen Abbildhaftigkeit kämpft“, sagt Rosner, der auch Leiter des Internationalen Festivals fotografischer Bilder in Regensburg ist, und erläutert weiter:

„Der Betrachter sucht auf Fotos immer etwas zu erkennen, was bei der Malerei nie das Thema ist.“

Genau zu dieser Abbildhaftigkeit setzen seine Bilder einen Kontrapunkt: „Lass dich einfach auf das Bild ein, nimm die Formen, Helligkeiten, Graustufen, die Thematik Friedhof. So kann jeder und jede seine eigenen Gedanken in die Bilder mit einbringen. Eine Art Assoziationsspielraum und -angebot“, sagt er.

Rosners Bilder erscheinen nur auf den ersten Blick realistisch. Die Entscheidung für Schwarz-Weiß-Bilder ist dabei schon eine Vorentscheidung für die Abstraktion. Sie verlieren dadurch ihren Abbildcharakter, denn die wenigsten Menschen sehen in Schwarz-Weiß. Es geschieht etwas mit den Räumen, die er in den Blick nimmt. Das Licht verändert sich, kommt überraschend aus einer anderen Richtung als erwartet. Schatten verweisen auf Details, die sonst unsichtbar bleiben. So entsteht eine große Ruhe und neue Lust am Sehen, neue Bilder von der Realität, für die die Wirklichkeit nur so etwas wie Material für eine neue „Vision“ sind.

Friedhofsraum wird Teil jedes Bildes

Diese durchscheinenden Schwarz-Weiß-Werke „mit großem Tonwertumfang“, das heißt mit einer großen Spanne an darstellbaren Tönen zwischen der hellsten und der dunkelsten Stelle im Bild, sind auf fünf Millimeter starke Acrylglasplatten gedruckt und ermöglichen so eine Betrachtung von beiden Seiten. Das heißt, der Friedhofsraum als solcher – das Grün der Bäume, die Pflanzen, die Gräber – wird auch noch mal Teil eines jeden Bildes. „Man kann Bilder immer so und so sehen. Deshalb der bewusst hohe Abstraktionsgrad dessen, was dargestellt ist.“

Die Werke sind an zehn ausgewählten Orten über den Friedhof verteilt. Auf Metallstelen angebracht treten sie in Dialog mit dem Vorder- und Hintergrund, sodass die Betrachtenden in ihrem individuellen Sehen erst das Werk komplettieren. Die Besucherinnen und Besucher seien eingeladen zu einem „Höhenflug“ der Gedanken und Assoziationen, bestenfalls auch der Emotion in Bezug zur Transzendenz.

Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Gabriele Ingenthron, Sonntagsblatt
Der Kumpfmühler Kiez
Schwebende Bilder auf dem Friedhof

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